Kennst du das, dieses leise, nagende Gefühl? Du hast eigentlich nichts falsch gemacht – und trotzdem meldet sich ein schlechtes Gewissen. Vielleicht, weil du abends alleine ausgehen möchtest oder dir einfach mal Zeit für dich nimmst. Und innerlich taucht sofort dieser Gedanke auf: „Ist das jetzt egoistisch?“ In diesem Blogartikel nehme ich dich mit auf eine Reise in ein Gefühl, das viele kennen – und das oft mehr mit dir zu tun hat als mit deinem Gegenüber.
Das schlechte Gewissen – eine Form von Schuld
Ein schlechtes Gewissen ist eine Form von Schuldgefühl. Meist entsteht es, wenn zwei innere Anteile in uns in Konflikt geraten: Ein Teil will Freiheit, Raum, Zeit für sich. Der andere Teil will Nähe halten, verlässlich sein, niemanden enttäuschen. Oft ist es gar nicht der andere, der uns ein schlechtes Gewissen „macht“ – sondern wir selbst, durch unsere inneren Stimmen, Werte und Prägungen.
Wenn du dich für dich entscheidest – und dich dabei schlecht fühlst
Vielleicht kennst du solche Momente: Du möchtest mit Freunden ausgehen. Oder einfach mal lesen, in Ruhe, ohne dein Gegenüber. Und obwohl du dir das erlaubt hast, spürst du innerlich einen Druck. Ein Ziehen. Das Gefühl, dich erklären oder rechtfertigen zu müssen. Der Klassiker: „Du bist egoistisch.“ Ein Satz, den viele von uns – bewusst oder unbewusst – verinnerlicht haben. Und genau hier liegt das Dilemma: Wo ist die Grenze zwischen gesundem Für-sich-einstehen und Egoismus?
Alte Sätze, die uns prägen
Hinter einem schlechten Gewissen stecken oft unbewusste Prägungen aus unserer Kindheit. Sätze wie:
- „Sei brav“,
- „Enttäusch niemanden“,
- „Man lässt andere nicht im Stich“,
- „Du bist so egoistisch.“
Solche Botschaften – manchmal ausgesprochen, manchmal nur durch Blicke oder Stimmungen vermittelt – formen unseren inneren Kompass. Sie lassen uns glauben: „Wenn ich Nein sage, verletze ich andere.“ „Wenn ich mich abgrenze, verliere ich Liebe.“ „Wenn ich für mich gehe, bin ich falsch.“
Verantwortung oder innerer Druck?
Ein zentrales Unterscheidungsmerkmal ist: Fühle ich echte Verantwortung – oder reagiere ich aus innerem Druck?
- Echte Verantwortung fühlt sich ruhig, klar und offen an. Du spürst: Ja, das war vielleicht unachtsam – und ich kann das anerkennen. Du bleibst in Verbindung, ohne dich zu verbiegen.
- Innerer Druck hingegen fühlt sich eng, getrieben, oft panisch an. Du denkst: Ich muss das sofort wieder gutmachen! Der Atem wird flach, das Herz zieht sich zusammen. Du willst gefallen oder flüchten.
Diese Unterscheidung ist so wichtig – denn sie macht den Unterschied zwischen Reaktion und bewusster Entscheidung.
Was tun, wenn das schlechte Gewissen auftaucht?
- Spür hin: Ist es wirklich deine Schuld – oder sind es Erwartungen, die du übernommen hast.
- Entscheide bewusst: Wenn du jemanden verletzt hast – steh dazu, sprich es an, übernimm Verantwortung.
- Wenn du spürst, das Schuldgefühl gehört nicht wirklich zu dir – bleib bei dir, aber in Verbindung. Du darfst sagen: „Ich sehe, dass dich das berührt. Und ich bleibe trotzdem bei meiner Entscheidung. Aber ich möchte gern mit dir darüber sprechen.“
So bleibst du bei dir – und zeigst gleichzeitig Mitgefühl.
Du darfst für dich sorgen – ohne dich schuldig zu fühlen
Das schlechte Gewissen ist kein Feind. Es will dich schützen. Oft will es dich davor bewahren, abgelehnt zu werden, Liebe zu verlieren oder Schuld auf dich zu laden. Aber: Es zeigt dir nicht immer die Wahrheit – sondern manchmal nur einen alten Schmerz.
Du darfst mitfühlend sein – ohne dich ständig zu rechtfertigen.
Du darfst für dich sorgen – ohne dich schuldig zu fühlen.
Zum Abschluss: Gefühle sind Wegweiser, keine Richter
Diese Episode war der Abschluss meiner kleinen Gefühlsreihe – mit Stationen bei Angst, Traurigkeit, Freude, Wut und jetzt: dem schlechten Gewissen. Natürlich gäbe es noch viele weitere Gefühle, über die wir sprechen könnten. Aber für jetzt darf dieses Kapitel ruhen. Denn Gefühle sind wichtig. Aber sie sind nicht alles. Sie zeigen dir den Weg – aber du entscheidest, ob du ihn gehst.
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